Faktencheck zu Covid-19-Gesetz
Am 28. November 2021 stimmen wir zum zweiten Mal über das Covid-19-Gesetz ab. Doch um was geht es in dem Gesetz überhaupt? Und noch viel wichtiger: um was geht es eben nicht! Wir haben für euch einen Faktencheck durchgeführt.
Es geht beim Covid-19-Gesetz nicht alleine ums Zertifikat
Das zentrale und wohl auch am kontroversesten diskutierte Thema bei der Abstimmung zum Covid-19-Gesetz ist das Covid-Zertifikat, das Geimpften, Genesenen und negativ Getesteten einen fälschungssicheren Nachweis ihres Status ermöglicht. Während das Gesetz hierfür eine klare rechtliche Grundlage schafft, beinhaltet es allerdings auch noch viele weitere und wichtige Instrumente zur Pandemiebewältigung. So sind unter anderem Härtefallhilfen für von der Pandemie besonders betroffene Branchen im Covid-19-Gesetz geregelt, aber auch Unterstützung für die Kantone durch den Bund z. B. beim Contact Tracing oder auch der Beschaffung wichtiger medizinischer Güter. Es steht also nicht nur das Zertifikat als Instrument der Pandemiebekämpfung, sondern ein ganzes Paket an wichtigen Massnahmen zur Abstimmung, die bei einem “Nein” alle hinfällig wären.
Eine Annahme bringt mehr, nicht weniger Freiheit
Eine weitverbreitete Aussage von Skeptikern ist, dass ein Ja zum Covid-19-Gesetz Freiheiten einschränkt und die Gesellschaft spaltet. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Dank der neuen rechtlichen Grundlage können einschneidende Massnahmen und Schliessungen auch dann vermieden werden, wenn die infektiologische Lage ungünstig ist. Ein niederschwelliger Zugang zu der Zertifikatspflicht unterliegenden Bereichen ist durch Anerkennung negativer Tests auch Personen, die sich nicht impfen lassen können oder möchten, weiterhin sichergestellt.
Darüber hinaus legt das Gesetz auch fest, dass Genesene und Geimpfte (inzwischen bereits etwa 75 % der Bevölkerung über 12 Jahren) von der stark freiheitseinschränkenden Kontakt- und Reisequarantäne ausgenommen sind und sich nicht mehr isolieren müssen.
Zu guter Letzt ermöglicht das auch im Ausland anerkannte Covid-Zertifikat als fälschungssicherer Nachweis auch dann, wenn die Lage im Inland einen weiteren Einsatz gar nicht mehr erfordert, weitgehende Reisefreiheit in ganz Europa. Käme es zu einer Ablehnung des Gesetzes an der Urne, wären diese Lösungen, die uns während der Pandemie ein Maximum an persönlicher Freiheit ermöglichen, wieder hinfällig. Während einschneidende Massnahmen wie Schliessungen von gewissen Branchen oder auch die Maskenpflicht im öffentlichen Raum weiterhin auf Grundlage des Epidemiengesetzes angeordnet werden könnten, wäre für viele der Erleichterungen ein neues gesetzliches Rahmenwerk erforderlich, das dazu noch im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden müsste.
Eine Annahme des Gesetzes sichert Jobs
Ein zentraler Aspekt in der Revision des Covid-19-Gesetzes sind angepasste finanzielle Massnahmen. Neben einer Ausweitung von Kurzarbeitsentschädigung und ALV-Taggeldern sind hierbei auch neu u. a. Hilfen für Selbstständige, für Kunst- und Kulturschaffende und die Eventbranche vorgesehen. Auch die Härtefallhilfen werden auf zusätzliche Unternehmen ausgeweitet, die aufgrund der Massnahmen unter Schliessungen oder Umsatzeinbussen zu leiden hatten.
Durch Annahme des Covid-19-Gesetzes könnten für all diese besonders betroffenen Branchen also finanzielle Hilfen auf eine solide Grundlage gestellt werden, was insbesondere aufgrund der Unwägbarkeiten des weiteren Pandemieverlaufs wichtig ist, um Jobs zu erhalten und Entlassungen zu vermeiden.
Covid-Gesetz ist nicht Massenüberwachung
Ein oft angeführtes Argument gegen das Covid-Gesetz ist, dass durch Zertifikat und Ausbau des Contact Tracings der Massenüberwachung Tür und Tor geöffnet werden. Unter den aktuell geltenden Regelungen ist das Gegenteil der Fall.
Für alle Anwendungsbereiche im Inland, wie z. B. im Gastronomie- und Freizeitbereich, kann die besonders datensparsame Light-Version des Covid-Zertifikats verwendet werden, die bei einer Kontrolle nur die nötigsten Daten enthält. Lediglich bei hoheitlichen Kontrollen, wie z. B. einem Grenzübertritt, ist das reguläre Zertifikat überhaupt erforderlich.
Da beim Scan des Zertifikats die Kontrolle lokal stattfindet, werden zudem auch keine Daten an Server des Bundes übermittelt - würde ein:e Gastronom:in eigenmächtig Personendaten hierbei erfassen, wäre dies sogar strafbar. Eine anderweitige Erfassung der Kontaktdaten ist bei Aktivitäten mit Zertifikatspflicht nicht vorgeschrieben.
Die Bestimmungen zum Contact Tracing sehen weiterhin lediglich vor, dass der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen ein schweizweit funktionierendes Test- und Contact-Tracing-System sicherstellt. Angesichts der Mobilität der Bevölkerung ist eine Vernetzung der Kantone zur Identifikation von Infektionsclustern durchaus sinnvoll, wobei keine Ausnahmen von den geltenden strengen Datenschutzbestimmungen vorgesehen sind.
Ein Ja bedeutet nicht automatisch Massnahmen bis 2032
Ein oftmals angeführter Kritikpunkt am Covid-19-Gesetz ist, dass ein Ausserkrafttreten erst zum 1. Januar 2032 vorgesehen ist, einhergehend mit Befürchtungen, dass bis dahin weitere Massnahmen zur Pandemiebekämpfung bis hin zum «Dauerlockdown» ergriffen werden.
In der zur Abstimmung stehenden Revision ist vorgesehen, dass die allermeisten Gesetzesartikel per Ende 2023 ausser Kraft treten werden. Tatsächlich ist allerdings für einzelne Artikel ein Ausserkrafttreten erst per Ende 2031 vorgesehen: die Meldepflicht des Bundesrates gegenüber dem Parlament bei allfälligen neuen Verordnungen oder Verordnungsänderungen (Art. 1, Abs. 4), Abweichungen vom OR bei insolvenzrechtlichen Massnahmen (Art. 9c) und Härtefallhilfen für Unternehmen (Art. 12a). Aufgrund des unabsehbaren Verlaufs der Pandemie, insbesondere hinsichtlich finanzieller Auswirkungen auf Schweizer Unternehmen, ist dieser bewusst langfristig gewählte Horizont durchaus sinnvoll.
Weitere Änderungen am Covid-19-Gesetz, insbesondere hinsichtlich neuer Massnahmen, unterstünden zudem weiterhin dem fakultativen Referendum und könnte dementsprechend bekämpft werden.