Abstimmungsparolen für den 15. Mai 2022

Die Jungen Grünliberalen Schweiz sagen Ja zu Frontex und zum Transplantationsgesetz. Eine klare Absage erhält hingegen das Filmförderungsgesetz, gegen das mehrere bürgerliche Jungparteien das Referendum ergriffen haben.

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Zum ersten Mal in diesem Jahr trafen sich die Jungen Grünliberalen Schweiz (jglp) zu einer Mitgliederversammlung live vor Ort. In der Mannschaftskaserne in Bern fanden sich die Mitglieder ein, um über eine ganze Reihe von Themen zu diskutieren. Im Vordergrund stand dabei ein Workshop zur aktuell laufenden Revision des Sexualstrafrechts sowie der Jahresbericht des Co-Präsidiums und der Jahresabschluss 2021.

Filmförderungsgesetz: Die Abstimmungskampagne ist lanciert

Im Zentrum der Versammlung stand die Lancierung der Abstimmungskampagne des Referendumskomitees gegen das Filmgesetz, zu dem auch die jglp gehört. Fokus der Kampagne sei es, der Bevölkerung klar zu machen, dass es bei der neuen «Filmsteuer» nicht um Kulturförderung gehe, im Gegenteil. «Das neue Filmgesetz ist inkohärent und kümmert sich nicht um die Interessen der Verbraucher», so jglp Co-Präsident Tobias Vögeli.

Mit der 30%-Quote würden Streaminganbieter und private Fernsehsender gezwungen, Inhalte nach ihrer Herkunft zu produzieren und hervorzuheben, ohne auf die Nachfrage ihrer Abonnenten Rücksicht zu nehmen. Dieses Gesetz würde vor allem die kleineren Streaming-Plattformen treffen, die gerade den Schweizer Filmliebhabern eine gewisse Vielfalt böten, so Tobias Vögeli weiter. Warum also die Produktion von etwas gesetzlich vorschreiben, das später nicht angeschaut wird?

Zudem werde der Schweizer Film bereits heute über die staatliche Filmförderung (Steuergelder) sowie über die SRG (Serafe) unterstützt, erklärt Vögeli weiter. Mit dem neuen Filmgesetz bitte man Konsumentinnen und Konsumenten von Streamingdiensten wie Netflix oder Disney+ neu einfach ein drittes Mal zur Kasse. «So müssten die Konsumierenden über ihr Abonnement für die Investitionsverpflichtung respektive die Ersatzabgabe ihres Streaming-Anbieters oder Kabelnetzbetreibers aufkommen», meint Vögeli. Während Steuergelder und Serafe von allen Schweizer Bürgerinnen und Bürgern getragen werden, würden die neue Subvention zugunsten der Schweizer Filmschaffenden indirekt nur von den Kunden und Kundinnen der Privatsender und Streaming-Dienste getragen.

Auch die Höhe der Abgaben sorge für Diskussionen. Zwar kennen auch andere Länder in Europa eine ähnliche Filmsteuer, allerdings sind sie klar in der Minderheit und verlangen im Schnitt 2 % des Umsatzes als Abgabe. Das neue Gesetz schiesst also auch hier massiv über das Ziel hinaus.

Ja zur Verantwortung der Schweiz in Europa

Betreffend des Referendums zur Finanzierung und Weiterentwicklung von Frontex bestätigten die anwesenden Mitglieder die Ja-Parole, die der Vorstand bereits anfangs März gefällt hat. Auch für die Mitglieder war klar, dass sich die Schweiz als Land im Zentrum Europas ihrer Verantwortung nachkommen muss. «Für uns bedeutet dies, dass wir uns auch für eine humane Migrationspolitik, effiziente Asylverfahren und die Sicherheit der EU-Aussengrenzen einsetzen müssen», so Co-Präsident Tobias Vögeli. Dass es in Sachen Frontex einiges zu verbessern gebe, so Vögeli weiter, stehe ausser Frage. Allerdings könne keine Veränderung herbeigeführt werden, indem man die Mitgliedschaft der Schweiz im Schengen-Abkommen infrage stelle. Darum sei das links-grüne Referendum auf jeden Fall abzulehnen und der Vorlage zuzustimmen.

Ja zum Transplantationsgesetz

Keine Debatte bedurfte es bezüglich der Ja-Parole des Vorstandes zum Transplantationsgesetz. Die jglp sehe keinen Grund, weshalb die erweiterte Widerspruchslösung von Bundesrat und Parlament, die als Gegenvorschlag zur ursprünglichen Initiative formulierte wurde, nicht zu einer Erhöhung der Spenderzahlen beitragen könnte, so Tobias Vögeli. Verschiedene Staaten in Europa hätten gezeigt, dass eine Widerspruchslösung tatsächlich zu erhöhten Spenderzahlen beitragen würde. Die Bedenken der Gegner teile man dagegen nicht. «Die Schweiz befindet sich in Sachen Organspenden im europäischen Vergleich im unteren Drittel», erklärt Vögeli. Nun gehe es darum, die Situation der Patient:innen, die auf ein Spenderorgan warten, schnellstmöglich zu verbessern.

Nur ein Ja ist ein Ja: Die Jungen Grünliberalen fordern einen allgemeinen Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht: Die entscheidende Frage sollte sein, ob das Opfer seine Zustimmung gegeben hat oder nicht.

Neben Abstimmungsdiskussionen über Frontex oder die Lex Netflix organisierten die jglp an ihrer Mitgliederversammlung auch einen Workshop über die Revision des Sexualstrafrechts, die momentan im parlamentarischen Prozess diskutiert wird. Dabei nahmen insbesondere Judith Bellaïche, glp-Nationalrätin und in der Rechtskommission des Nationalrats, sowie Martino Mona, Ordentlicher Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Bern teil.

Ein besonderer Fokus wurde bei der Diskussion auf die Frage gelegt, wie ein Opfer eines Sexualdelikts seinen Willen ausdrücken soll, also zum Beispiel, ob das Element der Nötigung dabei eine Rolle spielen sollte oder nicht. Angeregt diskutiert wurde über Definitionsfragen beispielsweise ab wann eine sexuelle Handlung als Vergewaltigung gilt und wann nur als sexueller Übergriff. Auch verschiedene Beziehungsformen und die Auffassung der Sexualität allgemein in der Gesellschaft wurden in der Diskussion angesprochen.

Die Mitglieder kamen zum Schluss, dass nur ein Ja im Zusammenhang mit sexuellen Beziehungen auch wirklich ein Ja ist.

Das geltende Recht, das ein Nötigungsmittel voraussetzt, wird der überwiegenden Mehrheit der Übergriffe nicht gerecht. Zudem sollte der Straftatbestand der Vergewaltigung vaginale, orale und anale Gewalttaten gleichbehandeln, denn unterschiedliche Beziehungsformen kennen auch unterschiedliche Sexualitätsformen. «Es ist Zeit, dass wir nicht mehr vom Schutz der sexuellen Integrität ausgehen, sondern beginnen, die sexuelle Selbstbestimmung zu verankern», meint Tobias Vögeli. Sexualität muss enttabuisiert und positiver geprägt werden.